Faszientraining – das müssen Sie wissen
In den Medien wird der Begriff Faszientraining in letzter Zeit häufiger verwendet und im Handel gibt es immer mehr Produkte für diese Art Training. Fast könnte man annehmen, dass es sich um eine neue Trainingsmethode handelt, dem ist jedoch nicht so. Das Einzige was neu ist, ist die Erkenntnis über die Wichtigkeit des Bindegewebes in Bezug auf seine Aufgaben. So endet sozusagen das Schattendasein des Bindegewebes. Das Fasziennetzwerk wird nunmehr als eigenständiges Sinnesorgan angesehen. Auch ist das Bindegewebe das Informationssystem mit Sensoren und Rezeptoren, welches ständig Auskunft gibt und die Motorik des Menschen steuert. Denkt man an die lumbalen Faszien, so stabilisiert dieses System den Körper und gibt dem Rücken den entscheidenden Halt. Zudem sind die Faszien an jeder Bewegung des Körpers beteiligt.
Hierbei sind die Faszien sowohl in der tiefen Schicht des menschlichen Körpers wie auch an der Oberfläche vorhanden. Sie sind flexibel miteinander verbunden, erkennen und melden Schmerzen. Gleichzeitig schützen sie jeden einzelnen Muskel des Körpers und jedes Organ. Selbst die Nerven und Knochen werden von den Faszien umhüllt sowie geschützt und die Kräfte werden übertragen. Wird das Fasziengewebe gestört oder gerät es unter Spannung, wird der Körper unelastisch und steif. Diese Störungen können durch Stress, einseitige Bewegung oder Fehlbelastung entstehen. Entzündungsstoffe werden ausgestoßen, Schmerzen verspürt und es steigt in jedem Fall die Verletzungsgefahr.
Neben der Muskelkraft, der Ausdauer und der Beweglichkeit benötigt der menschliche Körper daher auch ein elastisches Bindegewebe.
Da der menschliche Körper nur ein Bindegewebe besitzt, sollte diesem mehr Aufmerksamkeit zuteil werden als bisher. Das ist mit dem richtigen Training möglich.
Faszientraining ist Pilates
Eines der perfektesten Präventionsprogramme ist Pilates. Insbesondere wenn dieses Training mit den dafür vorgesehenen Geräten durchgeführt wird. Diese werden bereits erfolgreich bei der Therapie sowie der Rehabilitation eingesetzt. Hierbei reichen Trainingseinheiten ein- bzw. zweimal in der Woche. Joseph Pilates hat wohl intuitiv das Zusammenspiel der Faszienbahnen und der Faszien sowie deren Beteiligung im Zuge seiner Trainingsmethoden bekannt. Schließlich hat Pilates bereits 1945 beschrieben, dass der komplette Körper beachtet werden muss, damit er eine katzenhafte Geschmeidigkeit erreicht. Wurden gestern einzelnen Muskeln trainiert und heute Muskelketten aufgebaut, so wird morgen bereits das endlose Netz der Faszien im Körper trainiert.
Neuste Entdeckungen der Fasziensysteme
Nach Jahren der Forschung wurde nun endlich festgestellt, dass das Fasziengewebe für die Rehabilitation und Prävention des Körpers sowie für die Leistungsfähigkeit eines Sportlers enorm wichtig ist. So werden Kraftübertragung und -entwicklung durch das integrierte und gut trainierte Fasziennetz beeinflusst. Ebenfalls ist dieses Fasziennetz bedeutend für die Feinabstimmung der körperlichen Bewegungsabläufe und beeinflusst diese nachhaltig. Diese Bedeutung betrifft nicht nur die Nähe der Gelenke, sondern ebenfalls die Rezeptoren im kompletten Fasziengewebe, welche Meldung über die Lage abgeben.
Daraus kann abgeleitet werden, dass wenn der Trainierende beim Muskeltraining an seine Grenzen stößt, mit dem Faszientraining weitaus mehr Möglichkeiten gegeben werden. Eine Leistungssteigerung ist hierbei also nicht absehbar.
Die Faszien umgeben jedes Organ und jeden Muskel sowie auch jede Bandstruktur. Dadurch wird mit den Faszien der ganze menschliche Körper vernetzt. Große Bedeutung wird den Faszien hierbei in den Bereichen Koordination, Leistungsfähigkeit der Muskeln sowie für die Propriozeption zugeschrieben. Sie verbinden als Organ alles miteinander, strukturieren und halten den Körper zusammen. Somit sind die Faszien für die Genauigkeit der motorischen Bewegungsfähigkeiten sowie für die Geschmeidigkeit zuständig. Zugleich werden jedoch auch Schnelligkeit und Kraft erzeugt und auf die einzelnen Teile des Körpers übertragen.
Das bewirkt das integrierte Faszientraining
- Verletzungsprophylaxe
- viel mehr Abwechslung und Spaß beim Sport
- eine Steigerung der Leistung
Das Soft-Tissue Stretching
Mit dem Soft-Tissue Stretching kommen Nutzer weg von den langweiligen Dehnungsübungen der Muskeln und hin zum Muskelstretching mit den kreativen und spielerischen Trainingseinheiten der Ganzkörperfaszien. Dort wo der Ursprung und Ansatz des Muskels klassischerweise angenommen wird, hört der Muskeln lange noch nicht auf. Über die faszialen Verbindungen zieht sich die Aktion der Muskeln durch den ganzen Körper. Somit haben nicht intakte Faszienzüge einen erheblich negativen Einfluss. Aber durch Veränderungen der bisher eingeübten Dehnübungen oder gar durch neue, spezielle Faszienübungen werden die Faszien positiv beeinflusst und das System der Faszien und Muskeln optimal angeregt.
Das Fascial Release
Fascial Release ist eine spürbar schnelle Möglichkeit der hocheffektiven Bindegewebsbehandlung und liegt voll im Trend. Diese Form ist zur Eigenbehandlung gedacht. Zumeist mithilfe einer Rolle werden die Strukturen des Bindegewebes unter Druck gesetzt. Dadurch geben die Strukturen nach und lösen so Verklebungen. So wird neben dem verbesserten Körpergefühl wesentlich mehr Schmerz verhindert und zudem die Beweglichkeit erhöht. Neben den Sportlern sollten Patienten mit orthopädisch-degenerativen Erkrankungen von der Verbreitung dieser Faszienerkenntnis profitieren.
Das Rebound Elasticity
Ein viel effektiveres und zukünftiges Krafttraining ist Rebound Elasticity. Dieser Begriff steht für mehr Beweglichkeit und Kraft, wobei das Prinzip des Elastic-Recoil zunutze gemacht wird. Maximale Kraftpotenziale werden durch eine Vorspannung des Fasziengewebes erbracht. Dies wurde bereits bei Gewichthebern festgestellt, welche ohne spezielles Vorspannungsprogramm der Fasziengewebeschichten erst gar nicht in der Lage waren, immense Gewichte zu stemmen. Jedes Heben eines schweren oder leichten Gegenstandes, ja sogar jedes Bücken und wieder aufrichten wäre ohne Aktivität der Faszien überhaupt nicht möglich. Diese Erkenntnis wird auch die Rückenschule revolutionieren. So müssen die Faszien nicht länger ignoriert, sondern mit ins Trainingsprogramm einbezogen werden. Durch das Rebound Elasticity wird eine hohe Effizienz erreicht und die Körperästhetik gefördert. Dabei ist zu bedenken, dass der zeitliche Aufwand gegenüber dem herkömmlichen Krafttraining geringer ist.
Das Fluid Refinement
Das Fasziennetzwerk ist überall im Körper und durchzieht ihn von der einen zur anderen Seite, von hinten nach vorne, von oben nach unten und von innen nach außen. So bilden die Faszien aus dem Kollagen eine Unzahl von Gewebearten, welche entweder direkt unter der Haut liegen und sich verschieben lassen oder aber sich tiefer befinden und mit ihren festen Häuten großflächig für Stabilität sorgen. Auch verpacken diese Faszien die lebenswichtigen Organe und Muskeln ähnlich eines Beutels. Somit ist eigentlich alles von Faszien umgeben. Wenn man allerdings die wässrigen Muskeln (sie bestehen zu 80 % aus Wasser) genau betrachtet, so sind sie in einzelne Septen unterteilt und immer kleinere Beutel sind für die Dynamik einer gesunden Muskulatur zuständig. Genau hier setzt das Fluid Refinement-Training mit seinen subtilen Bewegungsimpulsen an. So wird hierbei von den feinen Mikrobewegungen der Muskulatur in der Tiefe des Körpers bis hin zu den oberflächlichen, großen Makrobewegungen alles in Gang gesetzt.
Faszien gelten zudem als größtes Sinnesorgan und sind daher entscheidend. Der vergessene Körpersinn sowie die Selbstwahrnehmung ist uns eigentlich in die Wiege bzw. ins Bindegewebe gelegt worden. Zumeist werden unbewusste, sensorische Wahrnehmungen und Informationen mit der Vielzahl der Wahrnehmungsfühler aufgenommen und an den Körper weitergegeben.
Die Körperwahrnehmung, das sinnliche Erleben und dessen Verfeinerung also sind Aufgaben des Fluid Refinements. Es gilt als Sinnlichkeitstraining der Rezeptoren von den Faszien und setzt vielfältige Impulse des gesamten mechanischen Bewegungsprogramms. Somit werden diese Rezeptoren zur lebensfrohen Hochleistung stimuliert. Jeder Mensch tut gut daran, sein Instrument Körper um Facetten sowie Nuancen zu erweitern und dieses Instrument zu spielen. Dabei sollten die Anforderungen von fein fließend bis leistungsstark reichen – mit dem Faszientraining bis in die inneren, tiefen Schichten bietet sich diese Möglichkeit. Der Körper reagiert dann feinsinnig, kraftvoll, flexibel und gesund auf die komplexen Anforderungen des Alltags. Ein sinnlich sinnvolles Training ist gerade in der heutigen Zeit und in der immer komplexer werdenden Welt für eine dauerhaft erhöhte Belastungsfähigkeit, mehr Präzision und Flexibilität besonders wichtig. Das können z. B. Yoga-Praktizierende, Tangotänzer und ambitionierte Leistungssportler bestätigen.