Faszienforschung: Status Quo
Leider fehlen noch einige Studien, die einen eindeutigen Beweis erbringen, dass eine Faszientherapie Erfolge einbringen kann. Dies ist auch der Grund, warum eine Faszientherapie von den gesetzlichen Krankenkassen noch nicht übernommen wird. Auch wenn die Faszien noch nicht ausreichend erforscht sind, haben Forscher herausgefunden, dass spezielle Behandlungen eine Besserung der Beschwerden hervorrufen. Der heutige Stand der Forschung beschreibt folgende Punkte:
1. Viele Lebensformen verfügen über Faszien
Das Bindegewebe kommt nicht nur ausschließlich im Körper der Menschen vor, sondern können auch in anderen Lebewesen erkannt werden:
- Tiere
Bei einem Stück Fleisch, welches als köstliches Essen zubereitet wird, kann eine elastische weiße Haut zum Vorschein kommen. Die Haut ist netzartig, sehr elastisch und kann nur mit einem scharfen Messer durchtrennt werden. Beim Kauen auf dem Bindegewebe wird ein zäher Zustand festgestellt, welcher das Zerkleinern nahezu unmöglich macht. Selbst beim Fisch kann das Bindegewebe erkannt werden. - Pflanzen
Auch bei Pflanzen ist ein ähnliches Gebilde vorzuweisen. Bei Apfelsinen, Mandarinen oder Orangen gibt es eine weiße faserige Haut, welche für die Form zuständig ist und gleichzeitig als Trennwand zwischen dem leckeren Fleisch der Orange oder Mandarine gilt.
2. Die Aufgaben der Faszien im Körper sind vielfältig
Das Bindegewebe trennt Muskeln, Organe und Gelenke voneinander ab. Neben der Aufgabe der Trennung ist das Bindegewebe auch noch für die Lymphbahnen sehr elementar. Denn zwischen den Faszien wird die Lymphe abgeleitet. In dieser Flüssigkeit befinden sich Abbauprodukte aus den Zellen, die abgeleitet werden müssen. Es verlaufen aber auch Aufbaustoffe hindurch, die zu den Zellen transportiert werden müssen. Eine jede Bewegung, die der Körper ausführt, regt dabei den Transport an – was auch ein Grund ist, dass man sich mehr bewegen soll, besonders wenn durch den Beruf eine einseitige Bewegung im Vordergrund steht. Bewegt man sich zu wenig, kommt es zu einem verlangsamten Abtransport der zu einem Stau führt. Die Faszien können verkleben oder verhärten. In der Lymphe gibt es einen Blutgerinnungsstoff in gelöster Form, der sich Fibrinogen nennt. Wird dieser Stoff mit diversen Substanzen vereint, wird der Stoff zu einem ungelösten Fibrin. Wird ein Muskel angespannt, kommt es zur Freisetzung von Adenosintriphosphat. Verbinden sich die beiden Stoffe miteinander, können Faszien ebenfalls verkleben. Dies fand der Forscher Prof. Dr. med. Paulini der Universitäten Ulm und Mainz heraus.
3. Faszien beinhalten Nervenendigungen
Wie schon vorher bereits erwähnt ist das Bindegewebe überall im Körper vorhanden. Es umschließt Knochen, Gelenke, Muskeln und auch Nervenbahnen. Faszien verfügen über keinen Anfang und auch kein Ende, sondern sind als netzartiges Gewebe überall nahtlos miteinander verbunden. Wie stark das Bindegewebe ist, kommt auf den Körperbereich an. Es kann millimeterdünn aber sehr stark sein.
Über diese Nerven gibt es keine bewusste Kontrolle, da dadurch die lebenswichtigen Funktionen im Körper selbstständig geregelt werden. Das heißt, die Atmung, die Verdauung oder die Augenmuskeln arbeiten selbstständig, was ohne das Bindegewebe in dieser Konstellation nicht möglich wäre.
4. Faszien – auch die Psyche hat Einfluss
Die Spannung der Faszien wird ebenfalls von dem Nervensystem beeinflusst. Sind Sie gelassen und ruhig senkt sich die Körperspannung. Werden Sie hohen Stressfaktoren ausgesetzt, kommt es zu einer starken Körperspannung. Wir fühlen uns dadurch unwohl, gestresst und können nicht zur Ruhe kommen. Wer sich nie entspannt oder nie gelernt hat loszulassen, steht unter einer Dauerspannung, die sich negativ auf die Faszien auswirkt. Es kommt zu einer Unbelastbarkeit des Körpers, wodurch schon normale Bewegungsabläufe Verletzungen auslösen können. Heftige Bewegungen reichen oft aus, um sich Muskeln zu zerren oder andere Verletzungen herbeizuführen. Durch eine gezielte Entspannungstherapie können die Faszien gestärkt werden, was sowohl für Körper, Geist und Seele eine wohltuende Entspannung bedeutet.
5. Funktionierende Faszien – gute Beweglichkeit
Faszien sind im gesunden Zustand sehr elastisch, was dafür sorgt, dass der Körper Bewegungen flüssig ausführen kann. Faktoren wie Stress, Operationen, Bewegungsmangel wirken sich negativ auf die Faszien aus. Die Folge ist, dass sich das Bindegewebe verkürzt oder verhärtet. Die Elastizität nimmt ab und die Faszien werden zu einem zähen Netz, welches kaum mehr dehnbar ist. Im fortgeschrittenen Stadium können Faszien sogar starr und unbeweglich werden. Dies führt also unweigerlich dazu, dass Gelenke schmerzen und die Muskulatur keinen Spielraum mehr für diverse Bewegungsabläufe bekommt.
6. Kraftübertragung aus dem Fasziennetz
Durch die Dehnspannung, die bei den Faszien erzeugt werden, können Kräfte übertragen werden. Die Faszien leiten die Kräfte weiter zu den Regionen, wo sie gerade benötigt werden. Je elastischer das Bindegewebe ist, umso mehr Kräfte lassen sich erzeugen und auch übertragen. Beim Laufen zum Beispiel entstehen Energien, die der Körper benötigt um Laufen zu können. Diese werden übertragen, so dass wir automatisch einen Fuß vor den anderen setzen können, und beginnen uns fortzubewegen. Dieses Vorgehen gilt für den gesamten Körper und ist ein wichtiger Bestandteil unseres Bewegungsapparates.
7. Sinnesorgan – Faszien
Durch die Beschaffenheit der Faszien und der Tatsache, dass sich darin viele Nervenendigungen befinden, gelten sie als Sinnesorgan. Die Rezeptoren und Nervenzellen übertragen Informationen an das Gehirn, wo sie als Empfindungen wahrgenommen werden. Ohne diese Eigenschaft könnten zum Beispiel Schmerzen nicht klar definiert werden.
8. Der Körperformer – Bindegewebe
Würde das Bindegewebe im Körper fehlen, würden sich ständig die Organe verschieben und wir würden unförmig erscheinen. Das elastische Netz bildet sozusagen die Grundmatrix, die nicht zu verändern gilt. Angenommen aus einem Körper würde man sämtliche Knochen, Gelenke und Muskeln entnehmen, würde die Hülle immer noch eine menschliche Gestalt vorweisen. Größtenteils sind es also nicht die Muskeln, die den Körper aufrecht halten, sondern die Faszien – also das Bindegewebe. Liegt eine Bindegewebsschwäche vor, kann sich die Haltung drastisch verändern und auch Veränderungen der Bewegungen festgestellt werden. Wird eine spezielle Behandlung der Faszien durchgeführt, kann das Gewebe seine Form verändern. Durch die Veränderung senden die Nerven keine schmerzhaften Empfindungen mehr an das Gehirn.
9. Faszien bilden ein Netzwerk
Faszien sind überall wo ihnen die Möglichkeit dazu gegeben ist miteinander verbunden. Getrennte Faszien finden unter äußerlichem Einfluss wieder zueinander und können sich regenerieren. Mit einem manuellen Druck auf die Faszien können folglich Veränderungen beeinflusst werden. Verhärtungen werden gelöst, was eine erfolgreiche Therapie ausmacht.
Das Netzwerk der Faszien ist so komplex, dass eine Beschädigung der Faszien an den Beinen auch in den Schultern für schmerzhafte Bereiche sorgen kann.
Dies ist für den Körper eher als Nachteil zu deuten. Mit einer gezielten Therapie, kann jedoch auch hieraus ein Vorteil gezogen werden. Denn durch eine spezielle Behandlung die sich Senmotic nennt, können Faszien von Kopf bis Fuß erreicht werden.
10. Das Bindegewebe ist manipulationsfähig
Faszien wachsen mit dem Menschen heran und geben dem Körper eine entsprechende Hülle. Durch Bewegungsmangel und Krankheiten können die Faszien so verändert werden, dass diese verhärten oder auch verkleben. Ebenso wie dieses Vorgehen eintreten kann, ist man in der Lage mit speziellen Anwendungen das Bindegewebe positiv zu beeinflussen. Durch Gymnastik oder einer Selbstbehandlung mit der Faszienrolle können die Faszien stimuliert werden, was zum gesunden Erhalt beiträgt. Die Tatsache, dass schon nach einer Anwendung spürbare Verbesserungen eintreten, kann der Schmerztherapie neue Möglichkeiten aufzeigen.
Fazit:
Die Faszien aufgrund ihrer Aufgaben und der Eigenschaft viel mehr zu beachten, als man bisher angenommen hat. Auch der Forschungsstand heute schon einiges erkannt hat, sind jedoch noch viele Bereiche zu erforschen um alles im Detail zu kennen. Es gibt Akademien, die sich auf die Forschung der Faszien spezialisiert haben. Dort werden unter anderem auch neue Behandlungsmethoden erforscht und deren Wirkweise auf die Schmerz- oder Bewegungstherapie.